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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 10.1899

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Hofmann, Albert: Das Kunstgewerbe auf der Berliner und auf der Münchener Kunstausstellung 1898, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4879#0056
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48 DAS KUNSTGEWERBE AUF DER KUNSTAUSSTELLUNG IN BERLIN UND MÜNCHEN 1898

Kanne, in Silber gelrieben von Professor A. Offterdinger, Hanau

einfache Linienzüge und eine mehr dekorative Auf-
fassung der Einzelheiten wirken zu dem angedeuteten
Eindruck zusammen. Vielleicht ist auch die Wahl
der Motive (Landschaftsbilder deutschen Charakters)
an dieser Wirkung beteiligt.

Um einiges von den Ausstellungsgegenständen
dieser Räume zu nennen, seien der von Theodor
Fischer in München entworfene und von Hausleitner
in Nürnberg ausgeführte Ofen mit blaugrünen Kacheln,
die Arbeiten von Max von Hehler in München, Her-
mann KMner, Schmiiz-Baudiss, Wilhelm und Lind
u. s. w. erwähnt. Sehr beachtenswert waren die nach
dem Entwurf von Bruno Paul von Carl Ule in
München ausgeführten Glasfenster, noch beachtens-
werter die Möbel von Richard Riemerschmid in
München. Hierher gehört auch der Salonschrank
von Wilhelm Michael in München; keinesfalls jedoch
gehören hierher die Möbel in Weichholz von Julias
Mössel in München. Sie durften in diesem Zusammen-
hang nicht ausgestellt werden, denn sie entsprachen
nicht einmal den elementarsten Forderungen konstruk-
tiver Schreinertechnik. Es ist für diesen kurzen Be-
richt unmöglich, alles im einzelnen anzuführen oder
gar zu besprechen. Es wäre aber unbillig, wenn nicht
der schönen, feingestimmten Blumengruppen gedacht
würde, mit welchen O. Mörcke in Berlin (W., Schill-
Str. 15) diese kleine Abteilung bereicherte. — —

Und nun einige Worte über die
kunstgewerbliche Abteilung der Jahres-
ausstellung des Glaspalastes in Mün-
chen. Für die Entfaltung des Kunst-
gewerbes kamen in München sechs Räume
in Betracht, welche als zum Theil hoch-
bedeutsame Leistungen angesehen wer-
den mussten. In drei weiteren Räumen,
welche für die Zwecke der Architektur-
Ausstellung eingerichtet wurden, in der
Nachbildung des Fuggerhöfchens in Augs-
burg durch Prof. Friedr. von Thiersch,
in dem mittelalterlichen Räume des Prof.
K- Hocheder und in dem römisch-pom-
pejanischen Räume nach dem Entwurf
von Prof. Em. Seidl, in diesen drei köst-
lichen Räumen kam das Kunstgewerbe
nur zu gelegentlicher Mitwirkung inso-
fern, als es die für diese Räume not-
wendigen Ausstattungsstücke zu liefern
hatte. Diese waren allerdings den Räumen
in vieler Beziehung vortrefflich angepasst.
Zu selbständiger Wirkung aber kam das
Kunstgewerbenurin den genannten sechs
Räumen. Da war zunächst, abseits von
der kunstgewerblichen Abteilung, die Vor-
halle, die nach dem Entwürfe von Martin
Dülfer in München von Anton Pössen-
bacher dort ausgeführt wurde. In einer freien Auffassung
des Stiles Louis XVI. durchgebildet, war der elegante
Vorraum in seiner feinen Farbengebung aus Silber,
verschiedenfarbiger Bronze, Grau und Violett eine die
künstlerische Auffassung Dülfer's vortrefflich wieder-
gebende Arbeit, durchaus verwandt mit dem grösseren
Räume, welchen Dülfer weniger als Selbstzweck, denn
als Ausstellungsraum für das Kunstgewerbe entwarf
und welchen Völker, die ,(Vereinigten Werkstätten für
Kunst im Handwerk" und Schmidt ~& Co. nach den Ent-
würfen Dülfer's ausführten. Einige Einzelheiten wurden
nach den Entwürfen von Frl. Erber und Hrn. Bern-
hard Pankok gearbeitet. Auch hier eine lichte Ge-
samtfarbenstimmung aus Weiss, Silber, Graugrün,
Violett, verschiedenen Bronzetönen u. s. w., auch hier
eine zwischen Louis XVI. und Empire sich bewegende
architektonische Formengebung, aber durchsetzt mit
einem freien chinaisierenden Flächenornament. Hier
berühren sich die Extreme, hier knüpft die neue
Kunst, wenn auch in etwas anderer Weise, an die
unter dem Einfluss der Chinoiserien des 18. Jahr-
hunderts entstandene Kunstübung an. Schon damals
wurde der nähere und der entferntere Orient für die
Versetzung einer etwas erstarrten Kunst mit neuen
Einflüssen tributpflichtig gemacht und heute spielt er
vielfach wieder die gleiche regenerierende Rolle. Das
bekannte Wort von dem ewigen Jungbrunnen des
 
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